Glas? Glas!

Glas oder nicht Glas, das ist hier die Frage.

Und wenn ja, welches ist das richtige? Diese Frage stellt sich natürlich vorwiegend beim Bier. Ich gehe davon aus, daß sich niemand von euch eine Flasche Whisky oder Korn an den Hals setzen würde. Da käme dann als Alternative zum Glas nur der Flachmann in Frage. Und tatsächlich gibt es Gelegenheiten, bei denen ein Schlückchen aus selbigem ganz willkommen ist.

Als aufmerksame Leser meiner Website habt ihr ja schon feststellen können, dass es mir wichtig ist, hochwertige Biere und Spirituosen zu genießen. Das geht aber nur, wenn man dazu geeignete Gläser nutzt. Sie bringen hervor, was eine gute Spirituose oder Bier für uns bereit halten.

Grundsätzlich soll ein Glas dabei helfen, die Aromen eines Drinks zu entfalten und diese dann gezielt zur Nase des Genießers zu führen. Das ist wichtig, weil unsere Zunge keine Aromen wahrnehmen kann. Sie kann nämlich nur 5 Geschmacksrichtungen wahrnehmen: süß, sauer, bitter, salzig und umami. Das Wort umami stammt aus dem Japanischen und bedeutet soviel wie herzhaft oder köstlich. Was wir als Geschmack bezeichnen, ist prinzipiell ein Zusammenspiel von Geruchs- und Geschmackssinn. Detaillierter brauchen wir es im Moment nicht.

Ihr kennt das sicher alle: man ist erkältet, die Nase ist zu, man schmeckt nichts. Kein Essen, kein Getränk.

Biergläser

Wagt einfach mal einen Selbstversuch. Die meisten werden sicherlich eine Biertulpe als Bierglas zuhause haben. Das ist noch nicht das optimale Bierglas, aber damit geht schon was. Jetzt nehmen wir zwei IPAs. Das eine gießen wir ins Glas, aber nicht ganz voll, über der Schaumkrone sollte noch ein gutes Stück Platz bleiben. Schon beim Eingießen werdet ihr feststellen, daß sich da einiges an Aromen ausbreitet. Als erstes nehmen wir aber einen Schluck aus der Flasche... Ja, das schmeckt ganz gut. Mehr aber auch nicht.

Jetzt nehmen wir das gefüllte Glas. Ihr habt gar keine andere Wahl, als vor dem ersten Schluck eine »kräftige Nase« vom enormen Spiel der Aromen zu nehmen. Ihr werdet staunen. Dann der erste Schluck. ...Beeindruckend, oder? Ihr werdet das IPA, das ihr vielleicht schon mehrmals getrunken habt, tatsächlich neu erleben und wahrnehmen. Glasklar.

Die Frage, ob Glas oder nicht Glas, ist damit vermutlich beantwortet. Bleibt die Frage nach dem richtigen Glas. Gibt es da Unterschiede? Es gibt sie. Einige von euch haben sicherlich schon festgestellt, daß es für verschiedene Bierstile verschiedene Gläser und Glasformen gibt. Das sind tatsächlich keine Verkaufstricks der Glashersteller. Sondern macht durchaus Sinn.

Kommen wir also noch einmal auf das eben getrunkene IPA zurück. Dafür gibt es eine spezielle Glasform. Der untere Teil ist schmaler und seltsam gewellt. Dann wird‘s bauchig und zur Öffnung hin verjüngt sich das Glas. Die Wellen im Griff oder unteren Teil des Glases sind nicht bloß Dekoration: durch sie wird das Bier aufgewirbelt und nochmals belüftet. Und seine Aromen dadurch besser frei gesetzt.

Gönnt euch noch einen Versuch und trinkt das gleiche IPA aus drei verschiedenen Gläsern. Einem IPA-Glas, einer Biertulpe und einem Weizen-Glas. Ihr werdet feststellen, daß das IPA aus jedem Glas etwas anders schmeckt. Und daß die besondere Charakteristik des Bieres am besten in einem IPA-Glas zur Geltung kommt.

Das funktioniert übrigens auch bei anderen Bierstilen:

Betrachtet das bitte als Empfehlung. Es gibt Gelegenheiten, da gibt es eben nur Flaschenbier. Das ist okay. Und manchmal muss es auch einfach ein kaltes Bier direkt aus dem Kühlschrank sein. Aufmachen, trinken,...super. Ich persönlich lehne nur zwei Dinge kategorisch ab: Plastikbecher und direkt aus der Dose. Dann lieber gar kein Bier.

Gläser sind viel stilvoller und bieten uns die optimale Voraussetzung, ein Bier in seiner gesamten Vielfalt wahrzunehmen und zu genießen. Daher sollten wir aus Respekt vor den Brauerinnen und Brauern wirklich jedes Bier einmal aus dem optimalen Glas trinken. Dabei dürfte der ein oder andere Biertrinker erstaunt feststellen, wie sein Bier eigentlich aussieht.

Spirituosengläser

Dieser Begriff ist sehr weit gefasst und wenig konkret. Da es mir hier vorwiegend um Kornbrände geht, beziehe ich mich auf ein dafür geeignetes Glas. Das Nosing-Glas. Ein Nosing-Glas besteht aus einem langem Stiel, der in einen breiten Bauch übergeht und eine Öffnung aufweist, die schmaler ist als der Bauch. Diese Form ist wichtig. Durch sie entwickeln sich die Aromen im Bauch des Glases und werden wie in einem Trichter gebündelt in eure Nase geführt. Und wozu die wichtig ist, wissen wir ja bereits.

Wenn ihr also einen Kornbrand und seine beeindruckenden Aromen wirklich kennenlernen wollt, benutzt bitte ein solches Glas. Auch wenn Korn traditionell aus sogenannten Pinnchen getrunken wird: ein Pinnchen verwährt euch leider viele wunderbare Aromen! Sie strömen diffus an Wangen und Ohren vorbei ins Nichts... und das wäre doch schade.

Auch hier hilft ein Selbstversuch. Wenn ihr die Möglichkeit habt, probiert einen hochwertigen Kornbrand zuerst aus einem Pinnchen. Ganz wichtig: niemals gekühlt! So, klar, der schmeckt.

Jetzt gießt denselben Kornbrand in ein Nosing-Glas, aber bitte nicht zu voll. 2-4 cl sind eine gute Menge. Die Aromen finden sonst keinen Platz, sich auszubreiten. Lasst das Glas einen Moment stehen und nehmt zunächst vorsichtig eine Nase. Da können sich ganze Aromaexplosionen abspielen. Und das nicht nur bei fassgelagerten Kornbränden. Genießt das Aromenspiel und nehmt dann langsam den ersten Schluck... Ihr werdet feststellen, wie groß der Unterschied zwischen Glas und Pinnchen ist. Und wieviel besser der Kornbrand aus dem Nosing-Glas zur Geltung kommt.

Fazit

Für mich steht fest, dass man ein Bier und einen Kornbrand aus dem richtigen Glas sehr viel besser wahrnehmen und geniessen kann. Und das ist nicht den Sommeliers vorbehalten. Wie gesagt, manchmal geht das auch nicht. Das ist dann aber auch in Ordnung. Trinkt einfach so, wie es euch am meisten Spass macht. Denn das ist am Ende das Wichtigste.