Korn

„Korn kann mehr“ und „korn kommt von können“

Zwei Aussagen, die mir - und vielleicht auch Euch - immer mal wieder begegnen. Und beide sind sowas von richtig. Aber wieso ausgerechnet Korn? Das ist doch dieses billige Zeug aus dem Supermarkt, macht blind, breit und bescheuert! Wenn meine Eltern früher einen Korn getrunken haben, war der eiskalt, wurde runtergestürzt und danach wurde sich mit zusammengekniffenen Augen geschüttelt.

Ich habe mich oft gefragt, warum trinken die, was so offensichtlich gar nicht schmeckt? Vor ein paar Jahren feierte ich meinen Geburtstag traditionell westfälisch. Mit Pumpernickel, Leberwurstschnittchen plus Gurkenhäppchen, Frikadellen, Lappenpickert und... Ehrensache, einer Flasche Korn aus dem Eisfach. Getrunken wurde aus Plastikpinnchen. Das gab zwar ein großes »Hallo«, hatte aber nichts mit Genuss zu tun. Zumindest, was den Korn anging.

Nun bin ich ja einer guten Spirituose durchaus nicht abgeneigt. Und so kam es dazu, dass ich vor der Craftspirits-Messe 2017 den eiskalten Entschluss fasste, mich klaren Bränden zu widmen. Und dort trank ich dann tatsächlich meinen ersten wirklich guten Korn. Einen fassgelagerten, ein eindeutiger geschmacklicher Volltreffer. Natürlich blieb es nicht bei dem einen und irgendwann wurde mir tatsächlich klar: »Korn kann mehr«! Und nach mittlerweile vielen verschiedenen Kornbränden noch klarer: „Korn kommt von Können.“

Warum korn mehr kann? weil korn ungemein vielseitig ist!

Zunächst mag diese Aussage vielleicht etwas gewagt erscheinen. Wie kann mit oder durch Getreide eine Vielfalt an Aromen und Geschmäckern entstehen?
Getreide ist sehr aromatisch. Probiert einmal einen Weizen-, einen Roggen- und einen Dinkelkorn im direkten Vergleich, ihr werdet sehr überrascht sein.

Allein beim Weizenkorn sind die Unterschiede enorm. Abhängig vom verwendeten Weizen, der Brennanlage (Kolonne, Pot-Still, Anlage aus Kupfer oder Edelstahl), dem verwendeten Wasser zur Reduktion des Alkohols, dem Alkoholgehalt, der Lagerung (Reifung) und natürlich dem Können des Brennmeisters oder der Brennmeisterin, entstehen vielfältige Geschmacksvarianten.

Letztendlich spielt auch das Rezept eine Rolle. Es gibt einige Kornbrennereien, die schon in der vierten oder fünften Generation nach alten Familienrezepten brennen. Wenn wir jetzt in Betracht ziehen, daß diese Faktoren für jede erlaubte Getreideart gelten, bekommen wir eine vage Vorstellung von der erwähnten Vielfalt.

Aber das ist noch nicht alles.

Es gibt nämlich noch ein Fass aufzumachen: das Holzfass. Wie bei anderen Spirituosen auch, verleiht die Lagerung im Holzfass dem Korn noch einmal ganz besondere Noten. Je nach Dauer der Lagerung und des verwendeten Fasses entstehen auch beim Korn regelrechte Aroma- und Geschmacksexplosionen. Ich durfte bislang einige Korn aus verschiedensten Fässern und mit verschiedenen Lagerzeiten verkosten. Da waren Vorbelegungen von Rhum Agricole, Cognac, Portwein, Bordeaux, Bourbon und Whisky. Und auch jetzt bin ich immer wieder überrascht, was manche Brennerinnen und Brenner aus einem Getreidebrand zaubern. Korn kann tatsächlich mehr.